Alfred Seiland im Gespräch mit Kuratorin Anna Hanreich

Alfred Seiland beim Talk im Musensaal der Albertina

Alfred Seiland beim Talk im Musensaal der Albertina

Alfred Seiland ist einer der ersten Pioniere der Farbfotografie in Österreich. Rund 80 seiner Werke sind aktuell noch bis 7. Oktober 2018 in der Albertina zu sehen. In einem früheren Blogpost habe ich mich der ausgezeichneten Ausstellung gewidmet. 

Um die Ausstellung noch zu vertiefen fand am 29. August 2018 ein Talk mit Alfred Seiland statt. Und der überfüllte Raum zeugt davon, dass viel Interesse seiner Person und seinen Arbeiten herrscht. Er ging dabei oft nicht direkt auf die Fragen ein und trug weit ausschweifende Erzählungen aus seinen Projekten vor. Trotzdem waren seine Erzählungen und Erlebnisse höchst kurzweilig vorgetragen und sehr lehrreich. 

Alfred Seiland im Musensaal der Albertina im Gespräch mit Kuratorin Anna Hanreich

Alfred Seiland im Musensaal der Albertina im Gespräch mit Kuratorin Anna Hanreich

Im Folgenden möchte ich die Kernthemen des Gespräches nochmals zusammenfassen.

Der Weg zum Fotografen und in die USA

Bereits 1975 war Alfred Seiland das erste Mal in den Vereinigten Staaten. Damals noch für einen  Ferienjob in Dallas. Der Ort wurde von ihm ganz bewusst gewählt: Ebendort befand sich eine der drei wichtigsten Fotogalerien der USA. Und so nutzte er jede freie Minute um in der Galerie abzuhängen. Die dort entstandenen Bekanntschaften und Erfahrungen machten ihm klar, dass er Fotograf werden wollte. So kam er danach immer wieder zurück in die USA. Seine fotografische Herangehensweise war in dieser Phase noch von der Suche nach visuellen Eindrücken geprägt. Erst später wandelt sich dies in ein bewusstes "Erzeugen" des Bildes mit vorangehender Recherche. Er wurde damit vom "Bilderfinder" zum "Bildermacher".

Vorgefundene Situationen und explizites Verändern

Manche seiner Fotografien machen den Eindruck, als wären sie bewusst inszeniert. Nach eigenen Angaben wurden aber alle Szenen so vorgefunden und er wartete, bis sich etwas Spannendes ergab. Nur wenn sein Bild zerstört oder unmöglich werden würde, greift er ein. Beispielsweise wollte er zwei Fahrräder am Strand fotografieren und wartete noch auf ein spannendes Ereignis im Hintergrund. Die Besicher wollten jedoch mit den Rädern nach Hause fahren. Nach dem Erläutern der Situation erklärten sie sich bereit, eine Stunde zu warten, bis Alfred Seiland sein Foto im Kasten hatte. 

Full House bei Alfred Seiland in der Albertina

Full House bei Alfred Seiland in der Albertina

Künstlerische Fotografie versus Werbung

Die Fotografien, die ihm Rahmen der FAZ Kampagne entstanden sind, sind wohl die bekanntesten von Alfred Seiland. Einige davon sich ebenfalls in der Ausstellung in der Albertina zu sehen. Als witzige Anekdote erzählte Seiland, dass sich die FAZ eigentlich bei dem geplanten Budget überlegt hatte, einen namhaften Fotografen damit zu beauftragen, nämlich Helmut Newton. Dieser wollte das Projekt auch unbedingt und hatte schon ein eigenes Konzept vorgelegt. Die FAZ hat sich trotzdem für den „teureren“ Fotografen (in dem Fall Seiland) entschieden, denn Helmut Newton legte ein sehr günstiges Angebot, um den Job zu bekommen. Witzigerweise wäre er selbst als Nummer 40 in der Serie vorgesehen gewesen. Newton wollte sich nach der Niederlage aber nicht von Seiland fotografieren lassen und akzeptierte nur ein Selbstportrait (das aber in schwarz-weiß sein musste, damit es nicht in Konkurrenz zu den Farbbildern von Seiland stünde).

Wunderbar lebhaft beschrieb er die Entwicklung der Fotoidee für das Foto mit Billy Wilder. Als Orte waren ein Set in den Universal Studios und beim Hollywood Schriftzug geplant. Auch wenn Billy Wilder damals schon über 90 Jahre war, hätte ihn Seiland gern auf einen der Buchstaben gesetzt. Aber nachdem niemand in den Park rund um die Buchstaben darf, überlegte sich Seiland einen völlig anderen Blickwinkel: Die Buchstaben sehen so aus, als ob sie „I-L-L-Y-W“ zeigen, also den Vornamen von Wilder) und mittels des größtmöglichen Filmkranes mit 60 Metern Länge hievte man Billy Wilder quer ins Bild. 

Das seiner Meinung nach beste Bild jedoch ist jedoch in der Albertina allerdings nicht zu sehen: Ein  Raketenstart in Cape Canaveral mit Ulf Merbold. Trotz aufwändigster Planung, einem eigens eingeflogenen 1000mm Objektiv von Rodenstock um 150.000 Schilling Miete und einer speziell  gebauten Plattform, die eben nicht dort steht, wo sonst alle Pressefotografen stehen wäre doch nur ein Bild entstanden, das den üblichen sehr ähnlich gewesen wäre. 1.5 Stunden vor dem geplanten Raketenstart warf Seiland dann nochmal alles um und überlegte sich ein völlig neues Bild. Und das Ergebnis spricht für sich (einfach mal googeln...)

In Summe entstanden für die Kampagne 56 Aufnahmen im Laufe von sechs Jahren. Eine lange und intensive Zeit, in der kein Platz für anderweitige und private Projekte war. Somit verpasste er den damaligen Boom der künstlerischen Fotografie, insbesondere der Düsseldorfer Schule.

Neue TV Serie

Gemeinsam mit ARTE produzierte Alfred Seiland eine neue TV Serie welche im November 2018 ausgestrahlt wird. Sie handelt vom Donaulimes und die fünf Folgen behandeln jeweils andere Regionen (also beispielsweise eine Folge für Österreich-Ungarn, eine mit Serbien und Rumänien). Dabei sind auch neue Fotografien in ebendiesen Ländern entstanden. 

Die Zukunft der Fotografie

Alle bekannten Arbeiten von Alfred Seiland wurden mit einer analogen Großformatkamera aufgenommen. Bis vor ein paar Jahren hat er seine Arbeiten auch immer als Farbabzüge aus dem eigenen Fotolabor abgeliefert. In der heutigen Zeit werden aber Daten immer wichtiger. Und so fotografiert auch Seiland inzwischen mit digitalen Rückenteilen. Wichtig ist ihm trotzdem, dass zwischen dem Anfertigen der Fotos und dem Betrachten des Ergebnisses Zeit vergeht, um zu Lernen. Die größtmögliche Schärfe erreicht er außerdem nur mit dem Großformat - der Betrachter soll das Gefühl bekommen, direkt vor der Szene zu stehen - und dazu muss alles gleich scharf sein. Klar, so etwas ist auch mit neuen Technologien wie Focus Stacking möglich. Aber damit setzt man sich dem Diktat der Technik aus. Trotzdem kann er der Entwicklung auch Gutes abgewinnen: Technik hilft beim Vervielfältigen - seine Abzüge müsse er bei jedem erneut von Staub befreien. In der digitalen Retusche ist das nur einmal notwendig. 

 

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